spind'l ... sp'ich'r — still' // 2026
spind’l . . . sp’ich’r — still’ ist eine spurensuche zwischen vergangenheit und gegenwart, zwischen landidylle, erinnerung und trauma, zwischen Industriegeschichte und individuellen schicksalen. ein faden wird gesponnen. eine maschine, die lange stillstand, beginnt zu sprechen. Stimmen aus längst vergangenen tagen flüstern durch die wände.
eine stimme ist die von irma frei. «leck irma, jetzt bisch schowieder imene heim glandet», dachte sie sich 1958, als sie den schlafsaal des marienheims in dietfurt betrat. sechs betten standen dort, jeweils mit einem schmalen schrank für persönliche habseligkeiten. mehr privatsphäre war nicht vorgesehen. fast 100 mädchen wohnten damals im marienheim und mussten für ihren unterhalt arbeiten. schwere körperliche arbeit in Schichten in der nahegelegenen Spinnerei, morgens früh in die fabrik, am Nachmittag ämtli im Heim – alles unter den wachsamen augen der strengen ingeboler schwestern. Nur am sonntag nach der kirche durften die mädchen vier stunden frei verbringen, oft mit einem kaffee im nachbardorf.
in den 50er und 60er Jahren ging es vielen jungen mädchen zwischen 16 und 20 Jahren so. sie wurden von vormundschaftsbehörden ins heim gesteckt – aus gründen wie unehelicher schwangerschaft, schlechtem benehmen oder ärmlichen verhältnissen zu hause. einmal in den Fängen der vormundschaft, war der ausstieg schwer. fluchtversuche wurden unternommen, meist erfolglos und mit harten strafen. grösster profiteur dieser zustände war der grossindustrielle emil bührle. er wandte sich an die vormundschaftsbehörde mit dem wunsch nach neuen, günstigen arbeitskräften und erhielt sie in form der sogenannten „gfallene Meitli“.
regie simon keller
text und dramaturgie alexander stutz
produktionsleitung eva pfund
